KV-Beitrag aus Einmalzahlungen

Das BVerfG hat im September 2010 zwei Entscheidungen über die Beitragspflicht zur KV aus Direktversicherungen ge­troffen, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer auf eigene Kosten weiter geführt wurden:

  1.    1 BvR 739/08 am 06.09.2010:

    Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Das bedeutet, sie wird abge­wiesen.

  2. 1 BvR 1660/08 am 28.09. 2010:

    Das Urteil des SG, das Urteil des LSG und das Urteil des Bundessozialgerichts verlet­zen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Das Urteil des Bundessozial­gerichts wird aufgehoben. Das Verfahren wird an das Bundessozialgericht zurück­verwiesen.
    Das bedeutet, der Beschwer­de wird damit statt gege­ben, die endgültige Ent­scheidung liegt jetzt beim BSG..

Der einzige Unterschied zwi­schen den beiden Beschwerden ist, dass im ersten Fall der frü­here Arbeitgeber weiterhin Versicherungsnehmer war, im zweiten Fall ging die Funktion des Versicherungsnehmers vom Arbeitgeber auf den Arbeit­nehmer über. Der Versiche­rungsvertrag blieb bis auf die Versicherungsnummer unver­ändert.

Beide Entscheidungen wurden von derselben Kammer des ers­ten Senats mit identischer Be­setzung getroffen.

Kommentar:

Wenn man die beiden Entschei­dungen nebeneinander be­trachtet, werden große Wider­sprüche sichtbar.

  • Bei praktisch gleichem Sach­verhalt ist einmal der Gleich­heitsgrundsatz verletzt (2) einmal nicht (1)

  • Warum im ersten Fall der Grundsatz des Vertrauens­schutzes nicht verletzt ist, wird nicht weiter begründet. Dabei ist der rückwirkende Eingriff in ein bestehendes Vertragsverhältnis  ein we­sentlicher Klagepunkt.

  • Wie wir als junge Versicher­te die erhöhten Beiträge zur KV zahlten, wurde das mit dem Stichwort Solidarsystem begründet. Diese Solidarität wurde uns im Alter aufge­kündigt. Auch das ist ein Vertrauensbruch.

  • Bei Pensionären erhöht sich die staatliche Beihilfe im Krankheitsfall von 50 auf 70 Prozent, unabhängig davon, wer dafür aufkommen muss. Bei Rentnern mit einer Betriebsrente erhöht sich dagegen der Eigenanteil am KV-Beitrag von 50 auf 60 bis 80 Prozent. Das ist ein Ver­stoß gegen den Gleichheits­satz des GG (Art. 3), denn die Aufteilung der Bevölke­rung auf verschiedene KV-Systeme beruht auf einer willkürlichen politischen Ent­scheidung. Außerdem haben die staatlichen „Eliten“ für sich selbst andere, wesent­lich bessere Regelungen geschaffen.

Warum das, was im zweiten Fall gilt, und dazu führt, dass die Beitragspflicht gegen Art. 3 GG verstößt, im ersten Fall nicht gilt, bleibt das Geheimnis der Verfassungsrichter. Denn der einzige Grund, warum der 2. Beschwerdeführer den Ver­trag als Versicherungsnehmer weiter geführt hat, war, dass der frühere Arbeitgeber auf­grund einer Insolvenz nicht mehr existierte.

Fazit:

Mit diesen beiden Ent­scheidungen folgt das BVerfG den Lobby-Interessen der Versicherungswirtschaft, im Gleichklang mit der Politik.

Die vollständigen Texte der beiden Entscheidungen stehen auf den Internetseiten des BVerfG zur Verfügung. Dort sind die Entscheidungen nach Datum sortiert.

Otto W. Teufel
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