Leserbrief zu den Artikeln “Griff in die Reservekasse” und “Schäubles Coup” im DonauKurier vom 08.02.2013.

Zweiklassenfinanzpolitik

Löcher in der Hauhaltskasse sollen wieder einmal aus der gesetzlichen Sozialversicherung (hier Krankenversicherung) gestopft werden. Ausgerechnet die Kaste der Politiker, die selbst nie in das solidarische System der gesetzlichen Sozialversicherung eingezahlt hat, will sich daraus bedienen und die eigenen Unzulänglichkeiten beim Sparen und Planen des Bundeshaushaltes vertuschen. Sie benützt dazu auch noch die verlogene Rhetorik, dass aufgrund der Überschüsse im Gesundheitsfonds nach der bereits beschlossenen Kürzung des Bundeszuschusses um zwei Mrd. Euro dieser weiter gekürzt werden könne.

Bundeszuschüsse sind jedoch kein Almosen des Staates an die Sozialsysteme und dienen auch nicht dazu, sie krisenfest zu machen, sondern sollen lediglich ein Ausgleich für die der Sozialversicherung vom Staat übertragenen versicherungsfremden (nicht beitragsgedeckten) Leistungen sein. Dazu gehört z. B. die der Krankenversicherung aufgetragene Aufgabe der kostenfreien Mitversicherung der Kinder. Nach dem Muster der gesetzlichen Rentenversicherung, bei der die jährlichen Bundeszuschüsse nachweislich seit 1957 nie die Höhe der ihr vom Staat übertragenen versicherungsfremden Leistungen erreicht hat, sollen nun auch alleine die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung mit Haushaltskassendefiziten belastet werden. Diese einseitige Belastung einer sog. Normgruppe ist reinste Zweiklassenfinanzpolitik.

Die privaten Krankenversicherungen schieben bei einem jährlichen Ausgabevolumen von ca. 26 Mrd. Euro Rücklagen in Höhe von ca. 140 Mrd. Euro vor sich her, ohne sie jemals den Beitragszahlern zurückzugeben. Sie erhöhen vielmehr bei steigendem Risiko der Versicherten im Alter deren Beiträge. Welch ein Aufschrei würde von den betroffenen privat Versicherten (Beamte, Selbstständige, Politiker) ausgehen, würde man sich von staatswegen an diesen Topf heranmachen. Bis hin zu höchstrichterlicher Solidarität würde man diese Pfründe verteidigen, da man dann ja selber betroffen wäre.

Mit Hilfe dieser Zweiklassenfinanzpolitik sollen deshalb nur die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung die Unzulänglichkeiten im Bundeshaushalt ausgleichen. Wenn die Bunderegierung ein Ausgabenproblem hat, sollte man sich im Finanzministerium doch einmal die mit staatlicher Beteiligung offensichtlich stattfindende Geldvernichtung bei deutschen Großprojekten vornehmen oder, wie vom Bundesrechnungshof aktuell vorgeschlagen, die Potenziale in der Größenordnung von ca. 25 Mrd. Euro erschließen. Zumindest aber solche Maßnahmen wählen, von denen nicht nur eine bestimmte Normgruppe betroffen ist sondern nach dem Gleichheitsgrundsatz allen Bürgern die gleiche Belastung aufgebürdet wird.

Das im Gesundheitsfonds angesammelte Geld ist keine beliebige Manövriermasse sondern gehört alleine den gesetzlich Versicherten zur zweckgebundenen Deckung der Kosten im solidarischen Gesundheitssystem. Im Vergleich zu jährlichen Ausgaben von ca. 180 Mrd. Euro sind die im Gesundheitsfonds aufgelaufenen Überschüsse in Höhe von ca. 30 Mrd. Euro ohnehin bald aufgebraucht. Absehbare Erhöhungen der Beiträge oder Zusatzbeiträge können nur mit diesen Rücklagen, wenigstens vorübergehend, vermieden werden.    
Der Gesundheitsfonds ist keine Reservekasse und der Missbrauch dieser Gelder ist Betrug an den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen!
Also, Finger weg!