Mitte Juni hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigt, dass der Pflegeversicherungsbeitrag zum 1. Januar 2019 um 0,3 Prozentpunkte angehoben werden soll (Finanzierung der Pflegeversicherung). Mittlerweile schließt er eine Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte nicht mehr aus. Derzeit liegt der Beitragssatz bei 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens. Nach der Erhöhung liegt er dann bei 2,85 bzw. 3,05 Prozent. Kinderlose zahlen um 0,25 Prozentpunkte mehr.

Seit dem 01.04.2004 müssen die Rentner aus ihrer Rente den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung alleine tragen. Bis 31.03.2004 zahlten die Rentenversicherungsträger die Hälfte des Pflegeversicherungsbeitrags. Rentenkassen und Rentner hatten sich bis dahin den Beitrag in Höhe von 1,7% geteilt, also je 0,85%. Durch die damalige gesetzliche Änderung wurden die Rentner also mit 0,85% zusätzlich belastet, was einer Rentenkürzung gleich kam. Bei einem Beitragssatz von 3,05 Prozent ab 2019 kommt dies einer Rentenkürzung um 1,525 Prozent gleich.

2004 hatten vier Rentner vor dem Bundessozialgericht (BSG) gegen diese Rentenkürzung geklagt. Die Begründung lautete, dass durch die neue Beitragstragung es faktisch zu einer Kürzung der Rente gekommen ist. Die Renten seien jedoch durch jahrelange Pflichtbeiträge geschützt und der Einschnitt verletze daher die Eigentumsrechte.

Das BSG (Az: B 12 RJ 2/05 R, B 12 RJ 4/05 R, B 12 R 5/06 R und B 12 R 8/06 R) bestätigte zwar, dass durch die neue Beitragsregelung seit April 2004 es faktisch zu einer Rentensenkung gekommen sei. Die Klagen wurden jedoch deshalb abgewiesen, weil der Rentenanspruch im Grundsatz bestehen bleibt.

„Inhalt und Schranken“ des Eigentumsrechts an den Renten dürfe der Gesetzgeber näher bestimmen, ohne dass dieses Grundrecht gleich verletzt sei. Die Modifizierung der Rente über den Pflegebeitrag könne nicht als verfassungsrechtlich relevante Enteignung angesehen werden.
Die Änderung der Beitragstragung war deshalb durch das Ziel gerechtfertigt, die Sozialbeiträge stabil zu halten und so die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen.

Unsere Anmerkung:
Ähnliche Urteile kennen wir seit 1981 vom BverfG und vom BSG. Der Gesetzgeber hat bei Eingriffen in bestehende Rentenanwartschaften Gestaltungsfreiheit ohne dass der Eigentumsschutz des Grundgesetzes gleich verletzt wird.
Die erste Entscheidung des BVerfG, die elementare Grundrechte für Arbeitnehmer und Rentner praktisch außer Kraft gesetzt hat, stammt bereits vom 01.07.1981.
Zur Schaffung von Arbeitsplätzen haben die Rentner seit 2004 doppelte Pflegeversicherungsbeitrage zu leisten. Soll dieser Zustand ewig bleiben?
Leider findet man weder bei Sozialverbänden, Gewerkschaften oder ähnlichen Institutionen eine Kritik zu diesem Unrecht.